Selbstwert

  • Wie fühlst Du Dich, wenn Du an Dich selbst denkst?
  • Bist Du grundsätzlich zufrieden mit Dir, mit deiner Persönlichkeit, mit deinen Leistungen, mit deinem Aussehen?
  • Kurzum: Bist Du zufrieden mit Dir selbst?

Wahrscheinlich und hoffentlich wirst Du diese Fragen mit JA beantworten. Denn jeder Mensch – zumindest die meisten – haben das Bedürfnis sich in einem positiven Licht zu sehen oder zumindest sich anderen gegenüber positiv darzustellen. Dieses Bedürfnis rührt daher, dass jeder Mensch nach einem positiven Selbstwert strebt. Das Bedürfnis nach Selbstwerterhöhung und dem Schutz des Selbstwertes wird als ein zu tiefst menschliches Grundbedürfnis angesehen. Eine unserer wichtigsten Motivationsquellen.

Was wir dazu brauchen, ist ein Bewusstsein unserer Selbst und die Fähigkeit über sich selbst nachzudenken – also Selbstreflexion. Ohne diese Fähigkeiten wären kein Selbstbild und kein Selbstwertgefühl möglich. 

  • Doch wenn das so ein tiefes Grundbedürfnis ist, warum haben dann so viele Menschen manchmal ein schlechtes Selbstwertgefühl?
  • Warum werten wir uns dann so oft ab?
  • Warum fühlen wir uns dann unserer Selbst so unsicher?
  • Warum umgeben wir uns dann so oft mit Menschen, die schlecht über uns reden und uns nicht gut behandeln?
  • Warum ziehen wir uns aus Beziehungen zu Menschen zurück, die uns gut tun und es gut mit uns meinen?
  • Warum kommt es denn überhaupt zu einem schlechten Selbstwertgefühl?

Mittlerweile weiß man, dass es etliche Jahre dauert bis ein Kind die Reflexionsfähigkeiten entwickelt hat, sich seiner selbst so bewusst zu sein, dass es z.B. Scham empfinden, sich in seiner Ehre gekränkt fühlt oder in seinem Selbstwertempfinden verletzt werden kann.

Ein kleines Kind hat ein tiefes Bedürfnis nach einer sicheren vertrauensvollen Bindung zu seiner Mutter und seinem Vater. Doch es erlebt die Beziehung als schlecht. Sein tiefes Bedürfnis nach emotionaler Zuwendung und Sicherheit wird unzureichend befriedigt.

In der Denkwelt des kleinen Kindes gibt es vereinfacht ausgedrückt zwei Alternativen. Mama ist schlecht und ich bin gut oder ich bin schlecht und Mama ist gut. Doch die vermeintlich richtige Alternative nämlich „ich bin ok und Mama ist nicht ok“, ist für das Kind die weitaus schlimmere. Denn aus dieser Perspektive ist das kleine Kind seiner Mutter hilflos ausgeliefert und ohne Hoffnung, dass es selber etwas zur Verbesserung der Situation beitragen könnte. 

Denn die Mutter müsste ihre Beziehung und ihr Verhalten ihrem Kind gegenüber verändern. Falls das nicht geschieht, würde das Kind ständig Enttäuschungen erleben und Gefühle der Angst oder Wut oder Hoffnungslosigkeit entwickeln. 

Die andere Alternative „ich bin nicht ok, Mama ist ok“, wäre die vermeintlich bessere. Das Kind würde das schlechte Verhalten der Mutter auf sein eigenes Verhalten beziehen und seine schlechten Erfahrungen so verarbeiten, dass es seine Schuld ist, weshalb es von der Mutter nicht besser behandelt wird. Warum es halt „nichts wert“ ist! 

Das ist zwar mit unangenehmen, schlechten, existenziellen Gefühlen verbunden, aber doch mit der Hoffnung, dass es vielleicht selbst etwas ändern könnte, wenn es sich nur so verhalten würde, wie es die Mutter möchte. Das kleine Kind, das sein Bedürfnis nach einer sicheren Bindung zur Mutter nicht befriedigt bekommt, wird also dazu neigen, sich selbst als Grund dafür zu erleben und sich selbst schlecht und wertlos fühlen. 

So kann es sein, dass das Kind im Laufe der Zeit ein sogenanntes „stabil-negatives Selbstbild“ und Minderwertigkeitsgefühl entwickelt.

Das Selbstwertgefühl ist also eine emotionale Qualität, in der es um die Wertschätzung der eigenen Person geht. Das Selbstwertgefühl wird manchmal auch als eine Art innerseelischen Speicher beschrieben, der durch Erfahrungen im Elternhaus, Schule, in Ausbildung und Beruf sowie Liebesbeziehungen gefüllt oder entleert wird.

Ein wenig gefestigtes Selbstwertgefühl hängt möglicherweise damit zusammen, dass man sich seiner selbst nicht sicher ist. Es kann dazu führen, dass es in unserem Leben keine kleinen Probleme, sondern nur Katastrophen gibt, weil wir uns von jedem kleinen Misserfolg, jeder enttäuschten Erwartung, jeder gescheiterten Verliebtheit sogleich entwertet und in unserer Daseinsberechtigung bedroht fühlen – Minderwertigkeitsgefühle sind die Folge.

Ein gutes, stabiles Selbstwertgefühl wiederum führt dazu, dass wir nicht in jeder Situation mit anderen konkurrieren oder unseren Wert beweisen müssen, in dem wir bspw. andere abwertet, verletzen oder kränkt.

Das Selbstwertgefühl ist also die Bewertung des eigenen Selbst und daraus entwickelt sich dann der Selbstwert. Der Selbstwert kann Gedanken, Stimmungen und das Verhalten stark beeinflussen. 

Selbstwert ist ein dynamisches Persönlichkeitsmerkmal, welches sich verändern kann aber gleichzeitig eine gewisse Kontinuität aufzeigt. Hier spielt auch der Selbstrespekt sowie der Glaube in die eigenen Fähigkeiten mit hinein.

Die Literatur unterscheidet bei der Form und Ausprägung von Selbstwert in der Regel zwischen hohem und niedrigem Selbstwert und stabilem und instabilem Selbstwert.

Ein hoher Selbstwert ist geprägt durch eine grundsätzliche Anerkennung und Liebe des Selbst, während ein niedriger Selbstwert durch eine negative und ambivalente Bewertung des Selbst gekennzeichnet ist. 

Je stabiler also das Selbstwertgefühl über die Zeit hinweg ist, desto höher ist der Selbstwert. Je stärker die Variabilität – also Schwankungsbreite – des Selbstwertgefühls über die Zeit hinweg ist, desto instabiler ist der Selbstwert.

So reagieren Menschen mit einem hohen, aber instabilen Selbstwert auf positives Feedback, in dem sie es gerne annehmen und so ihr Selbst verstärken, auf negatives Feedback reagieren sie jedoch mit Ablehnung und Verteidigung, Aggression oder Rechtfertigung, indem sie zum Beispiel anderen die Schuld geben.

Was ist nun erstrebenswert? 

In der Forschung gibt es den Begriff des „optimalen Selbstwert“. Ein hoher und sicherer Selbstwert, der sich vor allem durch ein tief verinnerlichtes, positives Selbstwertgefühl und einer Akzeptanz des Selbst mit samt seiner Fehler auszeichnet. 

Ein optimaler Selbstwert bedarf daher keiner Strategie der Erhöhung oder strebt ständige nach Bestätigung. Er ist unabhängig von spezifischen Ereignissen oder Erfolgen und unterliegt keinen großen Schwankungen. Ein Mensch mit einem optimalen Selbstwert würde sich demnach nach einem Misserfolg nicht als weniger wertvoll fühlen, sondern akzeptieren, dass jeder einmal Fehler macht.

Beim einem optimalen Selbstwert ist man mit sich selbst im Reinen und steht zu seinen Stärken und auch zu seinen Schwächen und Fehlern.

Doch wie lässt sich nun ein optimaler Selbstwert aktiv entwickeln und fördern? 

Scheinbar wird der Selbstwert bereits in der Kindheit ausgebildet. Deshalb sollte man direkt in der Erziehung des Kindes darauf achten, seinem Kind bedingungslose Liebe und Wertschätzung entgegenzubringen, unabhängig von Leistung, Erfolg und Aussehen, sodass sich erst gar nicht ein Selbstwert i.S.v. „ich bin nur etwas wert, wenn ich … mich so oder so verhalte. Nur dann werde ich gemocht.“ entwickelt.

Außerdem ist es wichtig seinem Kind den positiven Umgang mit Fehlern und Misserfolgen nahezubringen, sodass Misserfolge nicht als Versagen empfunden werden, sondern als Herausforderung und Verbesserungsmöglichkeit.

Erziehung ist zentral für die Entwicklung eines bewussten und authentischen Selbstwerts.

Schädlich ist die Leugnung oder gar Bestrafung der inneren Gefühle und Bedürfnisse eines Kindes. Das könnte dazu führen, dass das Kind seine inneren Gefühle ignoriert oder an die Erwartungen seiner Eltern anpasst. 

Empathie und Mitgefühl wirken sich erwiesener Maßen positiv auf den Selbstwert des Kindes aus und steigern den Selbstwert nachhaltig.

Der Ratschlag, konzentriere Dich auf die Stärken und weniger auf die Schwächen, kann zu einer Erhöhung des Selbstwertes führen. Jedoch nicht immer zu einem optimalen Selbstwert. Denn dieser berücksichtigt die Akzeptanz der Unvollkommenheit. 

Erst wenn man seine eigenen Unzulänglichkeiten anerkennt und akzeptiert und den eigenen Selbstwert loslöst von der Anerkennung anderer oder gewisser Leistungen, ist eine Stärkung und Förderung des optimalen Selbstwertes möglich. 

Es geht also um die bedingungslose Akzeptanz des Selbst, unabhängig von dem eigenen Verhalten und anderen Personen.

Bedingungslose Akzeptanz geht mit einem höheren Selbstwert und höherem psychischen Wohlbefinden einher.

Ein erster und wichtiger Schritt für die Förderung oder Stärkung des optimalen Selbstwertes ist demnach die vollkommene Akzeptanz der eigenen Unvollkommenheit, der eigenen Fehler und Schwächen.

Versagen zu können, ohne sich als Mensch grundsätzlich schlecht zu fühlen und ohne das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen zu verlieren.

» Zur Übersicht